Norm EN 16931: europäische Norm für E-Rechnungen
Die E-Rechnungspflicht treibt den digitalen Rechnungsaustausch voran. Dafür legt die Norm EN 16931 klare Regeln für das Senden und Empfangen elektronischer Rechnungen fest und setzt einen europaweiten Standard.
Automatisierung statt Aktenberge: Brachte 2018 noch jedes siebte Unternehmen seine Rechnungen zur Post, steckt sie heute nur jedes zwölfte in einen Umschlag. Ob per E-Mail, Web-Upload oder automatisiert – immer mehr Firmen versenden ihre Rechnungen digital. Dabei setzt bereits über die Hälfte standardisierte Rechnungsformate ein. Doch was ist eigentlich ein standardisiertes Rechnungsformat?
Drei Kategorien digitaler Rechnungen
Grundsätzlich lassen sich digitale Rechnungen in drei Kategorien einteilen:
- Unstrukturierte Rechnungsformate: Dazu gehören Bilddateien wie TIFF und JPG, eingescannte Rechnungen und die klassische PDF-Rechnung.
- Strukturierte Rechnungsformate: Diese umfassen beispielsweise EDIFACT, XML und XRechnung.
- Hybride Rechnungsformate: Dazu zählen ZUGFeRD und PDF/A-3.
Doch nicht jedes dieser Rechnungsformate hält den neuen gesetzlichen Anforderungen Stand: Am 1. Januar 2025 tritt die E-Rechnungspflicht in Kraft. Dann beschreibt der Begriff „E-Rechnung“ ausschließlich Rechnungen, die ein strukturiertes elektronisches Format aufweisen und die Norm EN 16931 erfüllen oder mit dieser kompatibel sind.
EN 16931: die europäische Norm für elektronische Rechnungen
„Das Schöne an der Norm 16931 ist, dass es sich um eine europäische Norm handelt und Deutschland hier keinen Alleingang macht“, sagt Richard Luthardt, stellvertretender Vorsitzender des Verbands elektronische Rechnung (VeR), der die Standardisierung elektronischer Rechnungen vorantreibt. Die EN 16931 beschreibt die Datenstruktur elektronischer Rechnungen. Dabei unterscheidet die europäische Norm zwei Komponenten:
„Das Schöne an der Norm 16931 ist, dass es sich um eine europäische Norm handelt und Deutschland hier keinen Alleingang macht.“
Richard Luthardt, stellvertretender Vorsitzender des Verbands elektronische Rechnung (VeR)
Das Kernmodell: Core Invoice Model
Das Core Invoice Model bildet das grundlegende semantische Datenmodell der elektronischen Rechnung. Es legt fest, welche Informationen die E-Rechnung enthalten muss und was diese Informationen bedeuten. Dies umfasst beispielsweise
- Namen und Adressen des Käufers und des Verkäufers
- Details zu verkauften Waren und Dienstleistungen
- Rechnungsbetrag
- Steuerinformationen
- Zahlungsmöglichkeiten
Das Core Invoice Model sorgt dafür, dass jede E-Rechnung die wesentlichen Rechnungselemente einheitlich und nachvollziehbar darstellt. Dank dieser Standardisierung können alle Empfänger die E-Rechnung maschinell auslesen. „Die Einführung europaweit geltender Pflichtfelder sind ein Ausdruck innereuropäischer Harmonisierung“, so Richard Luthardt. „Dabei versucht eine europäische Arbeitsgruppe, auch nationale Besonderheiten der einzelnen Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen.“
Komplett gelingen wird dies nicht. Daher gibt die Norm EN 16931 den Mitgliedsstaaten gewissen Spielraum bei der rechtlichen, organisatorischen und technischen Ausgestaltung: So können Mitgliedsstaaten das Kernmodell an ihre spezifischen Bedürfnisse anpassen; etwa optionale Felder verpflichtend machen oder Auswahlmöglichkeiten einschränken. Es entsteht eine sogenannte Core Invoice Usage Specification (CIUS).
In Deutschland entspricht die nationale CIUS dem Standard XRechnung. Sie konkretisiert an verschiedenen Stellen die europäische Norm, ohne diese zu verletzen. Ein Beispiel: Während die EN 16931 für die Zahlungsbedingungen ein reines Textfeld vorsieht, können Unternehmen in der XRechnung auch Skonto oder Verzugszinsen mit den Zahlungszielen angeben.
„Darüber hinaus erlaubt die europäische Norm, branchenspezifische Besonderheiten abzubilden“, erklärt Richard Luthardt vom Verband elektronische Rechnung. „Dies geschieht über erweiterte Strukturen, sogenannte Extensions. Es ist Aufgabe der Wirtschaft, diese Extensions auszuarbeiten, sofern man sie benötigt.“ Da die Extensions selbst kein Pflichtbestandteil der europäischen Norm sind, müssen Geschäftspartner sie jeweils aushandeln und vereinbaren.
Die syntaktische Bindung: Syntax Binding
Semantik trifft auf Syntax: Dank dieses Zusammenspiels lassen sich E-Rechnungen maschinell lesen und automatisiert verarbeiten. Während das Core Invoice Model die Bedeutung der verwendeten Daten erklärt, definiert das Syntax Binding die technische Darstellung. Besagt das semantische Kernmodell beispielsweise, dass die E-Rechnung ein Rechnungsdatum aufweisen muss, legt das Syntax Binding fest, wie das Rechnungsdatum auszusehen hat. Dafür verlangt die Norm EN 16931 ein strukturiertes elektronisches Format. Die beiden Formate, die am häufigsten zum Einsatz kommen, sind:
- Universal Business Language (UBL)
- UN/CEFACT Cross Industry Invoice (CII)
Beide Formate basieren auf Extensible Markup Language, besser bekannt als XML. Dabei handelt es sich um eine Auszeichnungssprache, die Daten hierarchisch strukturiert und als Textdatei ausgibt. „XML ist ein datensparendes Format“, sagt Richard Luthardt. „Zudem ist XML flexibel einsetzbar und weit verbreitet.“ Damit erfüllt es eine wichtige Anforderung der Europäischen Union. „Die EU hat von Anfang an gesagt, dass sie die Komplexität so gering wie möglich halten möchte“, berichtet Richard Luthardt. „Denn auch für mittelständische und kleine Unternehmen soll die E-Rechnung am Ende des Tages einfach umsetzbar sein. Und das geht am besten mit einem Format, das weit verbreitet ist.“
UBL und CII: populäre Formate für E-Rechnungen
Bei Cross Industry Invoice handelt es sich um einen internationalen Standard. Er wurde vom United Nations Centre for Trade Facilitation and Electronical Business (UN/CEFACT) entwickelt, dem Zentrum der Vereinten Nationen für Handelserleichterungen und elektronische Geschäftsprozesse. UN/CEFACT ist dafür bekannt, eine breite Palette an Geschäftsprozessen zu unterstützen. CII selbst ist allerdings auf Rechnungen beschränkt.
Auch Universal Business Language ist international weit verbreitet. Das Format wurde von der Organization for the Advancement of Stuctured Information Standards (OASIS) entwickelt und speziell für Geschäftsprozesse konzipiert. Dadurch ist UBL in der Lage, eine Vielzahl von Geschäftsdokumenten zu unterstützen. Darunter auch die E-Rechnung. Eine Stärke von UBL liegt in seinem Extension Point. Dieser ermöglicht es Unternehmen, ihre Rechnungen relativ einfach um zusätzliche Informationen zu erweitern und zugleich normkonform zu sein.
Ob eine E-Rechnung CII oder UBL nutzt, lässt sich übrigens in der zweiten Textzeile elektronischer Rechnungsdateien nachlesen. Hier ist der sogenannte Namespace definiert: In XML dient der Namespace dazu, Elemente und Attribute zu gruppieren und eindeutig zu identifizieren. Insbesondere dann, wenn unterschiedliche XML-Schemata zum Einsatz kommen. Im Falle der CII-Rechnung lautet der Namespace „CrossIndustryInvoice“, im Falle der UBL-Rechnung lautet er „ubl Invoice“. Darüber hinaus verraten Namespace-Präfixe im weiteren Verlauf des E-Rechnungscodes, ob die elektronische Rechnung CII oder UBL nutzt: Typische Namespace-Präfixe von CII sind „ram:“ und „rsm:“. Typische Namespace-Präfixen von UBL umfassen „cac:“ und „cbc:“.
In Deutschland zählen sowohl UBL als auch CII zu beliebten E-Rechnungsformaten und kommen bei der XRechnung und ZUGFeRD zum Einsatz.