Brexit | Was bedeutet das für ERP-Anwender?

Das Thema Brexit – also der Austritt des Vereinigten Königreichs (im weiteren Text mit Großbritannien bezeichnet) aus der Europäischen Union (EU) – ist nahezu täglich in der Presse und in den Medien präsent. Mit dem schriftlichen Antrag der britischen Regierung auf Austritt aus der EU begann die in den Statuten der EU festgelegte Frist von maximal 2 Jahren bis zum Vollzug des Austritts. Diese Frist lief am 29. März 2019 um 23:00 Uhr (deutscher Zeit) ab, in Folge wurde dann eine Verschiebung des Austritts beantragt.

Der genaue Austrittszeitpunkt ist unbekannt, nach dem Rücktritt der Premierministerin May kann er aber durchaus schnell vollzogen werden. Alle Vorteile, die in Verbindung mit der EU-Mitgliedschaft stehen, gehen damit verloren, und Großbritannien gilt ab dann als Drittland.

Gibt es bis dahin keine weitergehenden Vereinbarungen (harter Brexit) mit der EU, wird der Handel zwischen Großbritannien und der EU nach den Regeln der World Trade Organisation (WTO) gemäß den Regeln für Drittstaaten erfolgen. Dies bringt wesentliche Änderungen in den Geschäftsprozessen mit sich, die wiederum erhebliche Auswirkungen auf Ihr kaufmännisches Rechnungswesen (ERP) wie z. B. SAP oder Microsoft Dynamics NAV bzw. Microsoft Dynamics 365 Business Central haben können.



Welche Änderungen sind für SAP-Anwender relevant?

1. Länderzuordnung SAP:
Im SAP-Customizing muss das Kennzeichen „Mitglied der EU“ entfernt werden.

2. Umsatzsteuer-ID-Nummern:
Mit dem Austritt von Großbritannien verliert die Umsatzsteuer-ID Ihrer Geschäftspartner aus Großbritannien ihre Gültigkeit. Sämtliche britischen Geschäftspartneradressen müssen entsprechend angepasst werden.

3. Mehrwertsteuersätze SAP:
Die bisher gültigen Mehrwertsteuersätze sind dahingehend zu ändern, dass die Gültigkeit zum 29.03.2019 begrenzt wird und neue Mehrwertsteuersätze für die Drittlands-Abwicklung angelegt werden.

4. Formularanpassungen:
Zu prüfen ist hier, ob Formulartexte angepasst werden müssen, die sich speziell auf Großbritannien beziehen.

5. Intrastat-Meldungen:
Die Intrastat-Meldungen für Warenlieferungen von und nach Großbritannien entfallen mit dem Austritt.

6. Zollanpassungen:
Je nachdem, ob ein Vertrag mit Großbritannien zustande kommt, sind die unterschiedlichsten Zollbestimmungen zu beachten. Im Falle eines Freihandelsabkommens muss zum Beispiel der präferenzielle Ursprung einer Ware nachgewiesen werden, um einen reduzierten Zollsatz in Anspruch nehmen zu können.

7. Warenzulassungskennzeichen:
Die bislang innerhalb der EU gültigen Zulassungskennzeichen, wie z. B. das CE-Label, verlieren ihre Gültigkeit.

8. Incoterms:
Die mit Ihren Geschäftspartnern vereinbarten Incoterms sind rechtzeitig zu überprüfen und gegebenenfalls zu erneuern.


Allgemein:

SAP stellt mit der Note 2749671 eine zentrale Informationsquelle zur Verfügung, die immer mit neuesten Informationen rund um den Brexit gefüllt wird. Weiterhin beinhaltet Note eine Liste mit weiteren Hinweisen, die Programmänderungen und Customizing-Einstellungen beinhaltet.

Welche Änderungen sind für Microsoft Dynamics 365–Anwender relevant?

1. Ländertabelle (Länder/Regionen):
In der Einrichtung der Ländertabelle müssen im Ländercode für Großbritannien der EU-Ländercode, der Intrastatcode und das MwSt.-Schema entfernt werden.

2. Umsatzsteuer-ID-Nummern:
Mit dem Austritt von Großbritannien verliert die Umsatzsteuer-ID Ihrer Geschäftspartner (im Wesentlichen Debitoren und Kreditoren) aus Großbritannien ihre Gültigkeit. Daher müssen für alle britischen Geschäftspartner die Geschäftsbuchungsgruppe und die MwSt.-Geschäftsbuchungsgruppe angepasst werden. Ebenso ist die Umsatzsteuer-ID zu entfernen.

Je nach Einrichtung der Debitoren- bzw. Kreditorenbuchungsgruppe kann es erforderlich sein, auch diese zu ändern. Hierbei ist jedoch zu prüfen, ob zum Zeitpunkt des Austritts (und damit der Umstellung des Kontos) offene Posten vorhanden sind. In diesem Falle sind diese manuell umzubuchen.

3. MwSt.-Klauseln:
Prüfen Sie bitte, ob Ihre Texte der MwSt.-Klauseln angepasst werden müssen, sofern diese individuellen Inhalte Informationen rund um Großbritannien aufzeigen.

4. Intrastat-Meldungen:
Die Intrastat-Meldungen für Warenlieferungen von und nach Großbritannien entfallen mit dem Austritt.

5. Zoll-Anmeldungen:
Je nachdem, ob ein Handelsabkommen o.ä. Verträge mit Großbritannien zustande kommen, sind die unterschiedlichsten Zollbestimmungen zu beachten. Im Falle eines Freihandelsabkommens muss zum Beispiel der präferenzielle Ursprung einer Ware nachgewiesen werden, um einen reduzierten Zollsatz in Anspruch nehmen zu können.

6. Warenzulassungskennzeichen:
Die bislang innerhalb der EU gültigen Zulassungskennzeichen wie z.B. das CE-Label verlieren ihre Gültigkeit.

7. Incoterms:
Die mit Ihren Geschäftspartnern vereinbarten Incoterms sind rechtzeitig zu überprüfen und gegebenenfalls zu erneuern.

8. Dienstleistungen:
Ab dem Austrittstermin verliert die Umsatzsteuer-ID der Unternehmen in Großbritannien ihre Gültigkeit. Somit geht der Nachweis der Unternehmereigenschaft verloren und die Unternehmen müssen einen anderen Nachweis erbringen.

9. Warenlieferungen im Verkauf:
Alle Lieferungen, die Sie bis einschließlich des Austrittzeitpunkts erbringen (maßgeblich ist hier der Beginn der Beförderung), können Sie wie bisher abschließen und in Rechnung stellen. Der Zeitpunkt der späteren Rechnungsstellung ist nicht von Belang.

Alle bereits erfassten Aufträge, zu denen Sie aber nach dem Zeitpunkt des Austritts die Lieferung erbringen (auch hier ist der Beginn der Beförderung entscheidend), gelten nicht mehr als innergemeinschaftliche Lieferung. Diese müssen Sie auf die neuen Gegebenheiten umstellen. Hierzu erscheint es am einfachsten (nachdem Sie die Stammdaten überarbeitet haben), die offenen Positionen in neue Belege zu übernehmen und die bisherigen Belege abzuschließen. Dies gilt analog auch für evtl. vorhandene Rahmenaufträge.

10. Warenlieferungen im Einkauf:
Alle Lieferungen, die Sie bis zum Zeitpunkt des Austritts erhalten haben, können Sie wie bisher abschließen und die Einkaufsrechnung hierzu buchen. Auch hier gilt, dass die Beförderung der Warenlieferung bis zum Zeitpunkt des Austritts begonnen sein muss.

Alle bereits erfassten Bestellungen, zu denen Sie aber nach dem Austrittszeitpunkt eine Lieferung empfangen, gelten nicht länger als innergemeinschaftliche Lieferung und sind ebenfalls auf die neuen Gegebenheiten umzustellen. Auch hier ist es am einfachsten (nachdem Sie die Stammdaten überarbeitet haben), die offenen Positionen in neue Belege zu übernehmen und die bisherigen Belege abzuschließen bzw. zu löschen. Ebenso verfahren Sie mit bestehenden Rahmenbestellungen.

11. Interne Warenbewegungen:
Auch für die Warenbewegungen innerhalb des Unternehmens (zur selben rechtlichen Einheit gehörend) gelten die unter Nr. 8 und 9 erläuterten Ausführungen.

12. „Belege kopieren“:
Bitte achten Sie darauf, dass bei der Funktion „Beleg kopieren“ im Ein- und Verkauf die gesamten Einstellungen des historischen Beleges übernommen werden.

Erstellen Sie daher für neue Belege zunächst manuell den Kopf mit Erfassung der Debitoren- bzw. Kreditoren-Nummer. Kopieren Sie danach nur die Zeilen aus dem ursprünglichen Beleg (Schaltfläche „Inklusive Kopf“ nicht aktiviert) und aktivieren Sie die Schaltfläche „Zeilen neu berechnen“.



Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt diese auch nicht. Ebenso erfüllt der Artikel keinen Anspruch auf Vollständigkeit, jedoch sind wir bemüht, die wesentlichsten Aspekte für Sie zu berücksichtigen.

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